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Unwetter fordern Einsatzkräfte fast rund um die Uhr


Bericht SZ vom 30.07.2021 - von Kurt Kiesel

KREIS RAVENSBURG - Die Unwetter in der Region halten die Einsatzkräfte der Feuerwehr weiterhin auf Trab. Nachdem es bereits am Montagabend an einigen Stellen heftig gekracht hatte, tobten ab Dienstagmittag im Kreis Ravensburg vor allem auf der Achse Ravensburg in Richtung Bad Waldsee und schwerpunktmäßig im westlichen Kreis erneut schwere Gewitter und starke Stürme mit bis zu 85 Kilometern pro Stunde. An manchen Orten gab es auch orkanartige Böen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 100 Kilometern pro Stunde. Starker Regen prasselte nieder. In vielen Orten – wie etwa in Teilen von Leutkirch – kam es zu Stromausfällen.

Das Unwetter am Dienstag war nach Angaben von Kreisbrandmeister Oliver Surbeck „kurz und knackig“. Zwischen 14.15 und etwa 16 Uhr tobte das schwere Gewitter im Kreis Ravensburg. Insgesamt 272 Einsätze hatten die Wehren im Kreis (vollgelaufene Keller, umgestürzte Bäume und dergleichen mehr). Personen seien nicht zu Schaden gekommen. Schwerpunkte waren das Schussental und dort vor allem Ravensburg, aber auch Weingarten war betroffen.

Das Unwetter wütete in Ausläufern auch in Horgenzell und bis nach Grünkraut und Bodnegg, Wangen, Argenbühl und Amtzell. Nach NordOsten schwächte es sich ab, in Bad Wurzach und Leutkirch gab es nur noch vereinzelt Einsätze wegen umgestürzter Bäume. In Isny musste die Feuerwehr am Dienstagnachmittag nicht ausrücken.

Im Nachbarkreis Sigmaringen gab es laut Surbeck im Vergleich 50 Einsätze und im Bodenseekreis 155. In Oberteuringen verstarb eine Person unwetterbedingt, als ein Baum auf ein Auto krachte.

Bereits am Montagabend gab es 61 Einsätze für die Wehren im Landkreis Ravensburg mit rund 4500 Feuerwehrangehörigen. Vor allem wiederum der westliche Teil des Landkreises war nach Angaben von Kreisbrandmeister Oliver Surbeck betroffen, das Allgäu blieb weitgehend verschont. Allerdings sei der Kreis am Montag insgesamt glimpflich davongekommen, diese Einsatzzahlen seien bei starken Gewittern normal.

Stärker betroffen war laut Surbeck der Bodenseekreis mit mehr als 160 Einsätzen. Noch schlimmer hat es Reutlingen getroffen, wegen massiven Überflutungen forderte die Stadt über das Regierungspräsidium Tübingen überregionale Hilfe an. Aus dem Kreis Ravensburg wurde ein Hochwasserzug mit 40 Kräften von mehreren Feuerwehren entsandt.

Gegen 21 Uhr erhielt Kreisbrandmeister Surbeck am Montagabend den Anruf vom Regierungspräsidium Tübingen. Für das Stadtgebiet Reutlingen wurde aus dem Kreis Ravensburg ein Hochwasserzug angefordert. Normalerweise ist genau definiert, aus wie vielen Einsatzkräften mitsamt Fahrzeugen der verschiedenen Wehren sich dieser Zug zusammensetzt, erklärt Surbeck im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Da aber viele Wehren selbst im Einsatz waren, musste kurzerhand umdisponiert werden.

So ergab sich am Montagabend eine „dynamische Führungslage“, da neben den Einsätzen im Landkreis noch der zweite Großeinsatz für Reutlingen geplant werden musste. Da die Feuerwehr die jeweiligen Unwetterlagen anhand der Daten des Deutschen Wetterdienstes genau im Blick hat und zusätzlich über mehrere Feuerwehrangehörige über den Landkreis verteilt verfügt, die Meteorologie-Fachberater sind, könne kurz vor jedem Unwetter gezielt vorausgesagt werden, welche Landkreisteile voraussichtlich besonders betroffen sein werden. „So können wir abschätzen, ob wir noch Ressourcen für Überlandhilfen zur Verfügung haben“, erklärt Surbeck.

Der Hochwasserzug für Reutlingen setzte sich zusammen aus den Feuerwehren aus Ravensburg, Grünkraut, Bad Wurzach, Leutkirch (jeweils ein Fahrzeug) sowie aus Baienfurt (zwei Fahrzeuge) und Bad Waldsee. Die Waldseer Wehr stellte dabei mit drei Fahrzeugen und 17 Einsatzkräften der Abteilungen Stadt und Mittelurbach die größte Gruppe des Hochwasserzugs.

Aus Kißlegg lieferte die Feuerwehr Material an den Treffpunkt am Feuerwehrgerätehaus in Bad Wurzach. Gedacht werden musste auch an Proviant und Getränke für die lange Einsatznacht. Da Ravensburg durch die eigene Einsatztätigkeit als Treffpunkt nicht optimal war, wurde auf den zweiten im Katastropheneinsatzplan festgelegten Treffpunkt in Bad Wurzach, das am Montag vom Unwetter weitgehend verschont blieb, zurückgegriffen.

Angeführt vom stellvertretenden Kreisbrandmeister Norbert Fesseler als Zugführer startete der Hochwasserzug aus dem Kreis Ravensburg gegen 22.15 Uhr von Bad Wurzach nach Reutlingen. Gegen Mitternacht kamen die Einsatzkräfte laut Surbeck dort an und bekamen vom dortigen Führungsstab ihre Einsatzstellen übermittelt. Nach rund sechs Stunden Dauertätigkeit mitten in der Nacht kehrten die Kräfte gegen 8 Uhr zurück. Anschließend haben sie nach Angaben von Surbeck die Fahrzeuge wieder einsatzbereit gemacht, bevor sie ihre wohlverdiente Ruhepause starten konnten.